Der entscheidende Augenblick

ZITAT AUS DIE HELLE KAMMER:

[In der Malerei] wurden oft Gesten dargestellt, genau im Moment der Bewegung festgehalten, in dem das normale Auge sie nicht fixieren kann […]. Fotografie kann das auch, vielleicht sogar besser: sie fotografiert einen raschen Ablauf in seinem entscheidenden Augenblick.

DER ENTSCHEIDENDE AUGENBLICK IN DER FOTOGRAFIE:

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Hinter dem Gare Saint- Lazare, Paris, 1932

Der Ausdruck „entscheidender Augenblick“ wurde nachhaltig von dem französischen Fotografen Henri Cartier-Bresson (*1908, † 2004 ) geprägt.  Cartier- Bresson meinte damit den Sekundenbruchteil, in dem der Fotograf auf den Auslöser drückt und in diesem Augenblick den Kern einer Szene einfängt. Dieser offenbarte sich ihm immer dann, wenn ohne Posen, Manipulationen und Arrangements etwas aus dem beiläufig Sichtbaren besonders hervorstach. Das konnte zum Beispiel ein flüchtiger Gesichtsausdruck sein, der auf Fotopapier gebannt dann zu einem großen Moment wurde.

Das Theorem vom entscheidenden Augenblick ist auch die Aufforderung zur Bildqualität. Laut Bresson gelinge diese nur einem scharfen Beobachter, der solche Momente abzupassen und mit seiner Kamera aus dem Leben herauszuschneiden weiß.  Ist das der Fall, so wird das Bild fast in dem gleichen Moment komponiert, in dem der Fotograf auf den Auslöser drückt. Dabei ist es notwendig, die innere Bedeutung einer Szene und ihre optisch erfassbare Formenwelt schnell zu erkennen. Inhalt und Form, Zeit und Raum gehen dabei stets Hand in Hand. Der Fotograf muss sich bei der Arbeit vollkommen dessen bewusst sein, was er tut, und intuitiv wissen, wann er den Auslöser zu drücken hat. In der Fotografie beruht die visuelle Anordnung bestimmter Bildelemente  also auf einem spontanen Empfinden.

Hyères, Frannkreich, 1932.Cartier-Bresson hat den entscheidenden Augenblick einer Szene eingefangen: ein Radfahrer rast die kurvige Straße herunter und durchbricht dabei die statische Kulisse

Hyères, Frannkreich, 1932
Cartier-Bresson hat den entscheidenden Augenblick einer Szene eingefangen: ein Radfahrer rast die kurvige Straße herunter und durchbricht dabei die statische Kulisse

Cartier- Bresson nutzte für seine Bilder ausschließlich seine unauffällige und leise Leica 35mm Kamera, die erstmalig Schnappschüsse ermöglichte, und entwickelte sich im Laufe der Zeit zum regelrechten „Meister des entscheidenden Augenblicks“. „Ich entdeckte die Leica, die zu meinem verlängerten Auge geworden ist und mich nie mehr verlässt.“ Seine Vorgehensweise beim Fotografieren beschrieb er folgendermaßen: „Man muss sich seinem Gegenstand [… ] auf Sammetpfötchen, aber mit Argusaugen nahen. Nur kein Geschiebe und Gedränge- wer angeln will, darf das Wasser vorher nicht trüben.“

Rom, 1959
„Die Fotografie ist für mich Feststellung eines bestimmten Rhythmus der Oberflächen, Konturen und Tonwerte innerhalb der Wirklichkeit.“

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2 Antworten zu Der entscheidende Augenblick

  1. laurabauer schreibt:

    Der entscheidende Moment bei Cartier-Bresson ist nun nicht irgendein beliebiger Moment, sondern vielmehr sucht er im entscheidenden Augenblick die perfekte Komposition des fotografischen Bildes, kann man hier nicht von einer Pose des Bildes sprechen?

  2. Tina Wagner schreibt:

    Wichtig war ihm die Natürlichkeit seiner Modelle oder Situationen. Die Personen in seinen Bilder fühlen sich nicht beobachtet, daher setze ich voraus dass sie nicht posieren. Die Pose eines Bildes ist also eher das Gegenteil, was Bresson mit seinem künstlerischem Schaffen erzielen wollte. Die Schönheit und Natürlichkeit des Moments einzufangen und nicht gesehen werden als Fotograf war sein hoher Anspruch. Denn sobald er gesehen wird, ist der Moment entzaubert und der von ihm beobachtete Mensch posiert und der Moment strahlt nicht mehr Ungezwungenheit aus, sondern wirkt künstlich beziehungsweise gekünstelt. Deshalb benutzte er während des Fotografierens auch die leise Leica Kamera, um Momente einzufangen die die Ungeniertheit und die Zauber des vorbei schwindenden Augenblicks zeigt.

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