Noema und Noesis

Der Ursprung des Wortes Noema  stammt von der griechischen Sprache ab und bedeutet Gedanke, Sinn, Erkenntnis- oder Denkinhalt.  Somit ist Noematik die Theorie, welche die Beziehung der Noeme sowie ihre Kombinationsmöglichkeiten untersucht.

In der Phänomenologie werden der Inhalt eines Gedanken und der Denkvorgang selbst unterschieden. Das Noema ist dementsprechend der Inhalt des Denkens, Meinens und Phantasierens und wird also von dem real existierenden Gegenstand differenziert.

Erstmalig trat der Begriff „Noema“ in der Philosophiegeschichte bei Platon auf. Er versuchte mit der Bedeutung des Begriffes den Unterschied zwischen dem bloßen Gedanken und den Ideen selbst zu verdeutlichen. Platon war nämlich der Meinung, dass die Idee nur denkend erfasst werden kann und dass dies jedoch unabhängig von dem Prozess des Denkens ist. Weiterhin gebrauchte Aristoteles den Begriff „Noema“ für die gedanklichen Elemente der Propositionen (Aussagen). Edmund Husserl erweiterte den Begriff des Noemas und führte einen neuen, den der Noesis, welches ebenfalls aus dem Griechischen kommt und „Denken“ bedeutet, mit ein. Damit ist der einzelne Denkakt, der zu einer bestimmten Zeit stattfindet, gemeint. Husserl war der Meinung, dass sich menschliche Bewusstseinsakte auf Gegenstände richten und unterschied somit zwischen dem Akt und dem in diesem Akt gesehenen Gegenstand (damit ist aber nicht eine Sache bzw. ein Ding an sich gemeint). Also ist das Noema nur ein ideelles Korrelat zum Bewusstseinsstrom und die Noesis dessen reeller Bestandteil.

Ebenfalls benutzte Roland Barthes den Begriff des Noemas in seinem Buch „Die helle Kammer“ ein als feststellte, dass die Photographie einen Moment festhält, welcher irgendwann mal in der Vergangenheit geschehen ist. Somit besteht bei der Photographie eine Verbindung aus zwei Dingen, der Realität und der Vergangenheit. Sie hält fest, was gewesen ist und bringt es mit in die Realität. Jemand hat das Photo gemacht (Vergangenheit) und jemand betrachtet es im Hier und Jetzt (Realität).

Aufgrund dieser Verbindung ist für Roland Barthes das Noema der Sinninhalt der Photographie. Er bezeichnet es als das „Unveränderliche“ und als „Es-ist-so-gewesen“ (S.87). Denn das, was die Photographie uns enthüllt bzw. was oder wer auf ihr zu sehen ist, befand sich an dem Ort, der sich gerade in diesem Moment auf dieser Photographie befindet, der Ort „zwischen der Unendlichkeit und dem wahrnehmenden Subjekt“ (S.87). Es ist da gewesen, ist aber nicht mehr gegenwärtig, wir halten nur den Beweis dessen fest, dass es da war. „Ein Noema kann nicht verdrängt werden“ (S.87), denn die Tatsache, dass etwas geschehen ist, kann nicht beeinflusst oder verändert werden.

Roland Barthes sagt auch, dass das Noema sich in einem Film auflöst, es verschwindet durch die bewegten Bilder der Aufnahmen.

Das Noema der Photographie hingegen besteht dadurch, dass sich darin niemand bewegt und dass jemand das abgebildete Subjekt leibhaftig gesehen hat. „Daher sollte man eher sagen, daß das Unnachahmliche der Photographie (ihr Noema) darin besteht, daß jemand den Referenten leibhaftig oder gar in persona gesehen hat (auch wenn es sich um Gegenstände handelt)“ (S.89). Ein Bild, auf welches sich Roland Barthes ebenfalls bezieht ist das Porträt von William Casby, das Avedon aufgenommen hat (S.45), denn nach Barthes ist das Noema in diesem Bild sehr stark und intensiv, „denn der, den ich hier sehe, ist Sklave gewesen: Er bezeugt, daß die Sklaverei Wirklichkeit gewesen ist, gar nicht so lange vor unserer Zeit; und er bezeugt es nicht durch historische Belege, sondern durch eine neue Art von Beweisen, die – obgleich es sich um Vergangenheit handelt – in gewissem Sinne experimentelle und nicht mehr nur logisch erbrachte sind: Beweis im Sinne des heiligen Thomas, der den auferstandenen Christus berühren wollte.“ (S.98-90)

Ein weiteres Beispiel, das Barthes mit einbringt, bezieht er zwar auf die Wahrnehmung, doch kann dieses verwendet werden um den Unterschied zwischen dem Noema und der Noesis verständlicher zu machen. „Der Photographische Blick hat etwas Paradoxes, dem man bisweilen auch im Leben begegnet: vor kurzem sah ich im Cafe einen jungen Mann, der seinen Augen durch den Raum schweifen ließ; ab und zu fiel sein Blick auf mich; in einem solchen Moment hatte ich die Gewissheit, dass er mich ansah, ohne indes sicher zu sein, dass er mich sah: unbegreifliche Umkehrung: wie kann man ansehen ohne zu sehen?“ (S.122). Der Vorgang des Ansehens ist somit die Noesis und das Sehen ist das Noema.

 

Quellen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Noema_%28Ph%C3%A4nomenologie%29

http://universal_lexikon.deacademic.com/107743/Noema

http://de.wikipedia.org/wiki/Noesis

http://universal_lexikon.deacademic.com/107745/Noesis

Barthes, Roland, Die helle Kammer – Bemerkungen zur Photographie, Suhrkamp Verl., 1.Auflage, 1989.

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