Sirenen entstammen der griechischen Mythologie und stellen geflügelte Frauen dar, die Seefahrer mit ihren Gesängen betören und in den Tod treiben.
Homer erwähnte sie erstmals in seiner Odyssee, schriftlich niedergelegt im 7. Jahrhundert vor Christus. Jedoch benannte oder beschrieb er sie nicht. Erst spätere Autoren verleiten dem Mythos einen historisches sich um geflügelt Kontext. Es heißt, dass die Sirenen Töchter des Flussgottes Achelos und der Musen Melopeme oder Terpsichore seien. Dabei handelt es sich um geflügelte Frauen mit Vogelfüßen oder um Vögel mit Frauenkörper und Frauenstimme. Sie dienten der Göttin Persephone, Göttin der Unterwelt und einziges Kind des Zeus und des Demeter. Persephone wurde von Hades in die Unterwelt entführt und die Sirenen verhinderten diese Tat nicht. Deswegen wurden sie von Demeter, der alte Göttin der Erde und der Fruchtbarkeit, bestraft und erhielten ihre Gestalt, sowie das Schicksal fortan auf eine Insel verband zu sein. Die zweite Ausführung besagt, dass sie von den Göttern ihre Flügel erhielten, um Demeter bei der Suche nach ihrer Tochter zu helfen.
Homer erwähnte nur zwei der Sirenen. Apollodor drei und Platon sogar acht. Sie leben auf der Insel Anthemoessa, vor der italienischen Küste. Der Sage nach ist der Boden weiß, gebleicht durch die weißen Knochen der verkommenen Seeleute. Dieses Schicksal erfuhren die Matrosen, wenn sie sich von den Gesängen der Sirenen betören ließen. Die Folge war, dass sie ihre Heimar, sowie das Ziel ihrer Reise vergaßen.
Nach Apollodor umfasste das Instrumentalensemble zwei Frauen, die die Dritte mit Flöte und Leier begleiteten.
Den Tod erfuhren die Sirenen durch die Argo der Argonauten. Diese kam durch eine List heil an der Insel vorbei. Orpheus, ein thrakischer Sänger, de sich den Argonauten anschloss, übertönte ihre Lieder durch die Klänge seiner Leier. Einer der Argonauten, Butes, vernahm jedoch trotzdem etwas von den Gesängen und schwamm zu der Insel rüber. Er wurde jedoch von Aphrodite, der Göttin der Liebe gerettet. Auch Odysseus, der König von Itaka, blieb verschont. Er befolgte den Rat der Zauberin Kirke und füllt die Ohren seiner Männer mit Wachs. Er ließ sich an den Mast des Schiffes fesseln und hörte wie die Sirenen von der Macht sangen die Zukunft voraus sagen zu können. Nach späteren Äußerungen begannen die Sirenen nach diese Niederlage Selbstmord indem sie sich im Meer ertränkten.
Im Allgemeinen dienen Mythen der Vermittlung von Bedeutung. Der Zweck, der hinter ihren Erzählungen steckt, geht weit über Unterhaltung und Ablenkung hinaus und schlägt eher eine erzieherische Wirkung ein. Ein Mythos ist vielmehr eine angewandt Erzählung, der einen komplexen Sachverhalt verständlich machen soll. Der Sinngehalt ist dabei nicht nebensächlich, sondern ein Impuls aus dem Charakter und Handlung entwickelt werden. Besonders griechische Mythen sind Ausdruck einer intensiven Auseinandersetzung mit der Umwelt und all ihren Erweiterungen, wo das Denken in die Anschauung erzählter Geschichten verlagert wird.
Eine genaue Definition des Mythos besteht jedoch nicht. Gemeinsam haben sie nur, dass sie versuchen das Verhältnis von Menschen und Göttern verständlicher zum machen. Eine genaue Analyse erfordert eine intensive Auseinandersetzung mit allen Mythen und wie diese aufeinander wirken und miteinander verbunden sind.
Erkenntnise und Gedanken des Roland Barthes bezüglich der Sirenen
Roland Barthes vergleicht den Mythos der Sirenen mit dem Wesen der Photographie. Er sagt: „so besteht das Wesen des Bildes darin, ganz außen zu sein, ohne Intimität, und dennoch unzugänglicher und rätselhafter als die innere Vorstellung; ohne Bedeutung; doch zugleich eine Herausforderung der Unergründlichkeit jeden möglichen Sinns; verborgen und doch offenbar, von jener Anwesenheit – Abwesenheit, die die Verlockung und Faszination der Sirenen ausmacht.“ (S.117)
Doch was will er damit sagen? Die Sirenen überliefert aus dem Mythos, kennt man nicht. Man weiß dass sie schön sein sollen, dass ihre Gesänge himmlisch klingen müssen und doch kennt niemand die Wahrheit. Denn es soll auch niemand lebend von der Insel zurück gekehrt sein sollen, der hätte etwas über die Sirenen berichten können.
Man weiß nicht warum sich die Sirenen auf jener Insel befanden genauso wie man nicht weiß was diese Sirenen wirklich sind!
Auf einer Photographie ist es ähnlich. Wir sehen etwas auf ihr, eine Person. Wir können diese Person betrachten und analysieren. Wir können die abgebildete Person als schön bezeichnen und etwas über ihr Abbild erzählen doch niemand kann ihr wahres Wesen greifen. Denn die Person ist nicht gegenwärtig. Wir können das Wesen der Photographie nicht greifen. Weil es vergangen ist. „Es ist so gewesen…“
Doch warum vergleicht Roland Barthes das Wesen der Photographie mit einer Sage?
Blanchot sagte einst über die Sage: „ sie sind das faszinierende Erlebnisbild zwar in einem bestimmten Augenblick gegenwärtig, ohne das jedoch diese Gegenwärtigkeit irgendeiner Gegenwart angehörte.“
Die Aufnahme einer Photographie gehörte ebenso einst einer Gegenwart an. Eine Gegenwart die für den heutigen Betrachter nicht mehr greifbar ist weil sie vergangen ist. Wir können in die vergangene Gegenwart nicht mehr eingreifen, sind an das Hier und Jetzt gebunden. Dabei ist die Abwesenheit, dass die abgebildete Person nicht mehr gegenwärtig ist, das Punktum. Die Faszination liegt im Punktum, wie bei der Sage der Sirenen, die nur Schein waren oder sind, anstatt Sein.
Literatur:
Tipp, Edward. „ Reclams Lexikon der antiken Mythologie“. Stuttgart: Reclam, 1974,1991.
Junker, Klaus. „Griechische Mythenbilder – Eine Einführung in ihre Interpretation“. Stuttgart: J.B. Metzler, 2005.
Barthes, Roland: Die helle Kammer. Bemerkungen zur Photographie. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2008.