Phänomenologie

Der Begriff „Phänomenologie“ stammt aus dem Altgriechischen und setzt sich zusammen aus phainomenon (=Sichtbares, die Erscheinung, das Erscheinende) und logos (=Rede, Lehre) und bedeutet demnach in etwa „Erscheinungslehre“ oder „Lehre von den Erscheinungen“.

Die Phänomenologie beschreibt eine philosophische Strömung Anfang des 20. Jahrhunderts, die hauptsächlich durch Edmund Husserl geprägt wurde.

Jedoch wurde der Begriff schon seit dem 18. Jahrhundert von vielen Philosophen und Philosophierichtungen in spezifischer Weise verwendet, so z.B. bei Kant (Phänomenologie als Lehre von den Grenzen der Sinnlichkeit) und bei Hegel (Phänomenologie als Gesamtheit der Erscheinungen des Geistes in Bewusstsein, Geschichte und Denken).

Doch erst unter Husserl wird die Phänomenologie Anfang des 20. Jahrhunderts zu einer eigenständigen philosophischen Methode. Auch ist seine Definition des Begriffs die bis heute wirkmächtigste und meist verbreiteste.

Husserl beschreibt die Phänomenologie als „Lehre von den Erscheinungen im Sinne einer reinen Wesensschau“. Demnach sollen alle Dinge und Erscheinungen der Welt so erfasst werden, wie sie sich dem Bewusstsein originär zeigen, also ganzheitlich, geistig intuitiv und sinnstiftend. Im Gegenteil dazu sollen alle rationalen, theoretischen und historisch bedingten Zugänge bei einer solchen „Wesensschau“ zunächst ausgespart bleiben, das bedeutet die neutrale, vorurteilsfreie und unvoreingenommene Begegnung mit Phänomenen (ein Phänomen wird definiert als sinnliche Wahrnehmung eines Ereignisses, aber auch als etwas, was als Erscheinungsform auffällt; was ungewöhnlich ist).

Weitergehend stellt die Phänomenologie das in Frage, was wir als „objektive Dinge“ bezeichnen, da sich unsere Sinne täuschen können. Von den meisten Dingen wissen wir nur durch das, was andere sagen; doch auch sie können sich irren.

Vollkommen sicher ist dagegen jedoch das, was wir wahrnehmen. Die Phänomenologie nimmt den Begriff der Wahrnehmung ernst: Wahr ist, was wir für wahr „nehmen“.

Die phänomenologische Reduktion beschreibt diesen Vorgang: Um den wahren Wesensgehalt einer Sache auf den Grund zu gehen, muss sich die Einstellung zu dieser Sache ändern; man muss sich den (Vor-)urteilen gegenüber einer Sache enthalten und einen neutralen Blick entwickeln.

Weiterführend meint Phänomenologie auch, sich einer vorschnellen Weltdeutung zu enthalten und sich bei der analytischen Betrachtung einer Sache an das zu halten, was dem Bewusstsein unmittelbar erscheint.

Roland Barthes’ Zugang zur Photographie in „Die helle Kammer“ ist die Phänomenologie. Nach Barthes scheint sich die Photographie einer methodischen Analyse zu versagen; er hält sie für nicht klassifizierbar und spricht ihr den Status des Zeichens ab. Deswegen vermittelt Barthes die Möglichkeit, eine Phänomenologie der Photographie entwickeln zu wollen; er entwickelt Konzepte zur Analyse von Fotografien.

Barthes will die phänomenologische Reduktion auf die Photographie anwenden: Beim Betrachten einer Photographie soll man sich jeglichen (Vor-)urteilen enthalten und einen neutralen Blick entwickeln; sie allein durch die Wahrnehmung aufnehmen. Erst dann könne man ihr Wesen erfassen.

Beim Suchen nach dem Wesen der Photographie ergibt sich jedoch für Barthes ein Paradoxon: auf der einen Seite hat er den Wunsch, den Wesenszug der Photographie benennen und damit eine Wissenschaft der Photographie entwickeln zu können; andererseits hat er das Gefühl, das die Photographie Kontingenz, Einzigartigkeit und Abenteuer ist.

Barthes als spectator interessiert sich für die Photographie aus Gefühl: „Ich wollte mich in sie [die Photographie] vertiefen, nicht wie ein Problem (ein Thema), sondern wie in eine Wunde: ich sehe, ich fühle, also bemerke ich, ich betrachte und ich denke.“ (Die helle Kammer, S. 30).

Quellen:

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